Artikel aus Niederrhein Im Blick
Kempen. Auch in einer Ausnahmesituation muss die Verhältnismäßigkeit der Mittel hinterfragt und diskutiert werden. Für NiB bewerten die Kempener FDP-Politiker Felix Grams und Bernhard Lommetz die aktuelle Situation für unsere Region. Die gute Nachricht zuerst: Es wird geimpft, vereinzelt, mit Verzögerung. Land und Kommunen haben ihre Aufgaben angenommen. Das Impfzentrum in Dülken und die Logistik stehen seit Dezember, nur fehlt der Impfstoff. Abseits dessen entsteht jedoch der Eindruck, als richte sich Deutschland in der Krise ein und es gebe kaum Bewegung, diesen Modus zu verlassen. Diskussionen um einen Mega- Lockdown und Ausgangssperren erscheinen angesichts sinkender Infektionszahlen nur noch wie aktionistische Symbolpolitik. Stattständig neue Verschärfungen zu fordern, sollten die geltenden Maßnahmen durchgesetzt und ein besserer Schutz der vulnerablen Gruppen vorgenommen wer- den. Wo auf der einen Seite Eingriffe zu weit reichen, greifen auf der anderen Seite Hilfsmaßnahmen zu kurz. Wenn die Politik von der Wirtschaft harte und einschneidende Opfer verlangt, muss sie auch unverzüglich Unterstützung anbieten. Zudem belasten die Beschlüsse zur Eindämmung der Pandemie einseitig einzelne Branchen: Gaststätten, Hotels, Einzelhandel, Friseure, Kosmetiker, Kultur und Veranstalter. Dem Bun- deswirtschaftsminister fällt Mitte Januar auf, dass die Novemberhilfen zu bürokratisch, zu kompliziert und zu langsam sind. Vor allem wurden sie vielfach noch gar nichtausbezahlt. Die Verärgerung sitzt auch bei den Betroffenen bei uns vor Ort tief.
Über die Autoren
BernhardLommetz(l.)istFraktionsvorsitzenderderFreien DemokratenimRatderStadtKempen;zuerreichenunter: bernhard@blommetz.de
Felix Grams ist Kreisvorsitzender der Freien Demokraten im Kreis Vieren; felix.grams@fdp-viersen.de
Die Rücklagen der kleinen und mittleren Betriebe, wie wir sie in Kempen haben, liegen nicht in großen Fonds. Es sind Mittelständler, die mit ihrem privaten Vermögen überbrücken, weil staatlich zugesagte Hilfen immer noch nicht fließen. Dass es auch anders geht,hat das Land im Frühjahr 2020 gezeigt, als die damaligen Soforthilfen durch das von FDP-Wirtschaftsminister Pinkwart geführte Haus schnell und unbürokratisch abgewickelt wurden und nach wenigen Tagen bei den Betroffenen ankamen.
Im selben Frühjahr haben wir bereits gefordert, dass den betroffenen Branchen nach dem Lockdown Starthilfe gegeben wird: Dabei geht es nicht nur um finan- zielle Hilfe, sondern um ganz praktische Erleichterungen, um das Wirtschaftsleben wieder anzukurbeln sei es kostenfreies Parken in den Innenstädten anzubieten oder den Einzelhandel stärker in Veranstaltungsplanungen zu berücksichtigen. Alle Akteure sind auf gerufen, an Stärkungskonzepten mitzuarbeiten. Ähnlich angespannt wie die Betriebe sind die Urlaubstagekonten vieler Eltern. Bei geschlossenen Schulen und
KiTas mussten Betreuung und Lernen komplett umgestellt werden. Dies stellt alle Familien auf eine harte Probe. Auch Lehrkräfte und Erzieher leisten in der Not- betreuung und im Distanzunterricht Außergewöhnliches. Ohne das Engage- ment und die tolle Arbeit dieser Berufsgruppen würde die Ausnahmesituation gar nicht gemeistert werden. Dass die Ausstattung der Schulen, insbesondere mit digitaler Technik, über Jahrzehnte vernachlässigt wur- de, offenbart sich nun schlagartig. Auch wenn in wenigen Monaten nicht alle Versäumnisse behoben werden können, sind wir hier dank der Mittel des DigitalPakts erkennbar auf dem richtigen Weg. Deswegen fordern wir mehr Anstrengungen, diese Mittelabzurufen.
Jetzt gilt es, mit aller Kraft an einer intelligenten Öffnungsstrategie zu arbeiten die, die vulnerable Gruppen schützt und auf innovative Maßnahmen und ein entschlossenes Handeln beim Impfen setzt.Diese Diskussion muss im Parlament geführt werden. Denn die Akzeptanz der Bevölkerung für die Maßnahmen ist von entscheidender Bedeutung für die Überwindung der Krise.